In unserer aktuellen Sendung klärt Moderatorin Maike Stark im Gespräch mit Martina Frohmader von der Fachstelle für den Umgang mit sexualisierter Gewalt, wie sich der Umgang mit Betroffenen gewandelt hat und in welcher Form Aufarbeitung geschieht. Es hat sich einiges getan, aber die Fachstellenkoordinatorin sieht auch noch Nachholbedarf und manche Punkte kritisch.
Wie konkrete Präventionsarbeit aussieht
Auch die Prävention ist Thema der Sendung. Wir haben das Dekanat Bamberg besucht, das seit längerem an ihrem Präventionsschutzkonzept arbeitet. Alle 4 Wochen trifft sich das Präventionsteam in den Räumen der Stephanskirche. Wir waren mit der Kamera dabei und haben Orte in der Kirche besucht, die problematisch sein könnten. Zum Beispiel die Orgelempore, die nur durch eine alte Tür zu erreichen ist. Wer den Schlüssel zu dieser Tür hat, der hat Macht. Macht darüber wer hier wieder raus kann, zum Beispiel eine Orgelschülerin beim Unterricht. Täter könnten sexuelle Übergriffe hinter verschlossener Tür begehen und es gibt keine Option zur Fluch, so Michael Goos, Dekanatskantor in St. Stephan in Bamberg:
"Wer halt oben auf der Empore ist, der hat dann in dem Fall keine Chance, der ist mit eingeschlossen. Deshalb werden wir hier eine Art von Panikschloss mit einbauen, damit man immer wieder raus kann."
Das Präventionsteam des Dekanats Bamberg begeht alle Räume von St. Stephan. Das Ziel: Analysieren wo ein erhöhtes Gefahrenpotential liegt, dies beseitigen und ein Präventionsschutzkonzept erstellen. Dabei wird auch über den Platzbedarf beim Orgelunterricht gesprochen. Orgellehrer, Schülerinnen und Schüler sind in keiner räumlichen Bedrängnis. Ein Unterricht findet auf körperlicher Distanz statt. Also hier ist alles gut.
Anders sieht es in den Gemeinderäumen von St. Stephan aus. Die Abstellkammer ist ein Risikofaktor. Einmal eingesperrt ist keine Flucht möglich. Die Arbeit im Präventionsteam ist herausfordernd.
Das Handbuch der ELKB zur Schutzkonzeptentwicklung kann weiterhelfen
Ein Handbuch mit Beispieltexten und Fragebogen hilft Schritt für Schritt dabei, zu einem Präventionsschutzkonzept zu gelangen. Jede Kirchengemeinde und kirchliche Einrichtung in Bayern muss bis zum Januar 2026 ein solches vorweisen, das durch die Fachstelle für sexualisierte Gewalt geprüft wird. Für die Gemeinden im Dekanat Bamberg steht dabei die Präventionsbeauftragte Andrea Hofmann beratend zur Seite. Sie appelliert daran Missstände offen anzusprechen:
"Unsere Haltung ist das A und O und macht uns auch Mut nichts unter den Teppich zu kehren sondern auch zu sagen Halt! Stop mal!“
Im Rahmen der Präventionsarbeit werden auch Ansprechpersonen benannt, damit klar ist, an wen man sich vor Ort wenden sollte, wenn man etwas Ungewöhnliches beobachtet, so die evangelische Dekanin von Bamberg Sabine Hirschmann:
"Wenn Menschen etwas beobachten, von dem sie nicht sicher sind wie sie es einordnen können, dann ist es gut sich an die Ansprechpersonen zu wenden, auf jeden Fall mit anderen Menschen darüber sprechen. Lieber einmal mehr mit geschulten Menschen drüber sprechen als etwas zu verschweigen."
Die Verantwortung in der Prävention von sexualisierter Gewalt liegt neben der Landeskirche also auch bei jeder Kirchengemeinde und Einrichtung. Damit Kirche wieder zu einem sicheren Ort wird.
Manchmal ist es schwierig zu erkennen, was sexualisierte Gewalt ist und wie man richtig reagieren soll. Deshalb sind Basisschulungen für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Kirche so wichtig. Kathrin Seeliger ist Multiplikatorin für Prävention und erklärt: “An einer Basisschulung können Ehrenamtliche aus den Kirchengemeinden, Kirchenvorstände, Kindergottesdienstmitarbeitende, Büchereimitarbeitende, Pfarrer und Pfarrerinnen und Kirchengemeindeamtsarbeitende teilnehmen.“
Alles also Menschen, die an sensiblen Positionen mitwirken, die Augen und Ohren offen halten sollen für Missbrauch. Das Ziel für Pfarrerin Karin Seeliger ist: Die Kirche zu einem sicheren Ort machen durch Präventionsarbeit. Um für das Thema erstmal sanft zu sensibilisieren, werden Fallbeispiele in Kleingruppen besprochen.
Harmoniezwang kann sexualisierte Gewalt begünstigen
Im Rahmen der Forum-Studie wurden auch evangelisch spezifische Phänomene gefunden, die sexualisierte Gewalt begünstigen. Zum Beispiel ein Harmoniezwang, der dazu führt dass Konflikte unsichtbar werden und man denkt, so was kann bei uns nicht passieren, das gibts nur woanders.
Mit dem Wissen aus der Schulung würden die Teilnehmenden zukünftig anders handeln. Sie bekommen klare Vorgaben, welche Wege sie gehen müssen. Es besteht eine Meldepflicht bei der Meldestelle der Kirche. Dort bekommt man Beratung.
Klare Vorgaben im Umgang mit sexualisierter Gewalt sind wichtig
Als selbst betroffene Person wendet man sich am besten zunächst an die Ansprechstelle, um einzuordnen, welche Hilfe gebraucht wird. Das geht auch anonym. Hilfe erfolgt bedürfnisorientiert, gegebenenfalls folgen rechtliche Schritte oder eine Unterstützung durch Therapievermittlung zur Krisenintervention. Das Ziel ist: Nichts mehr darf wie früher im Boden versickern.
Möglichst viele Haupt- und Ehrenamtliche sollen deshalb nun so schnell wie möglich an den Basisschulungen zur Prävention sexualisierter Gewalt teilnehmen.
TV-Tipp "Grüß Gott Oberfranken!"
Die Sendung "Grüß Gott Oberfranken!" läuft auf TV Oberfranken jeden zweiten und vierten Mittwoch im Monat um 17:45 Uhr, 18:45 Uhr und 20:45 Uhr. Bis jeweils Sonntag laufen weitere Wiederholungen. Franken Plus strahlt die Sendung jeden zweiten und vierten Mittwoch bzw. Donnerstag im Monat um 19:45 Uhr aus.
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